Tätigkeitsbereiche
Tätigkeitsbereiche

Ermittlungsverfahren

Die entscheidenden Weichenstellungen für den Ausgang eines Strafverfahrens finden im Ermittlungsverfahren statt. Wenn eine Einstellung des Verfahrens nicht erreicht werden kann, wird der für die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und für die spätere Urteilsfindung zuständige Richter von dem Akteninhalt vorgeprägt (sog. inertia-Effekt). Auch Richter „sind Menschen“, die sich nicht von dem lösen können, was sie über die Ergebnisse des Vorverfahrens aus den Akten kennen.

Die Ermittlungsakten spiegeln die Aufklärungstätigkeit der Polizei und damit ein nach bestimmten Verdachtshypothesen selektiertes Tat- und Täterbild wider. Die Hauptverhandlung ist tatsächlich und rechtlich durch die Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsbehörden weitgehend vorgeprägt. In Zeiten begrenzter Ressourcen der Justiz geht es Gerichten oftmals nur noch darum, die von der Polizei aufgestellte Ermittlungshypothese einigermaßen in einer Anklage zu verschriften und diese Anklagehypothese in der Hauptverhandlung zu bestätigen. Einige Richter sehen ihre Aufgabe nicht darin, den „wahren Sachverhalt“ zu ermitteln – so bezeichnet das Bundesverfassungsgericht das zentrale Anliegen des Strafprozesses – sondern eine Verurteilung nur rechtsmittelfest zu begründen. Dies lässt sich plakativ darin erkennen, dass es in vielen Urteilsbegründungen heißt, der Angeklagte „musste freigesprochen werden“ und in gerichtlichen Zwischenentscheidungen unverhohlen: „Der Antrag der Verteidigung konnte abgelehnt werden.“

Viele Bürger meinen, erst für die Hauptverhandlung einen Verteidiger zu benötigen. Diese Annahme ist trügerisch und verfehlt. Ziel der Verteidigung im Ermittlungsverfahren sollte immer die Vermeidung der Hauptverhandlung sein, so dass der Verteidiger schon so früh wie möglich aktiv werden sollte, um die Abschlussentscheidung der Staatsanwaltschaft zu beeinflussen.

Wenn eine Verfahrenseinstellung außerhalb des Möglichen liegt, sollte der Verteidiger versuchen, einen Übergang in das Strafbefehlsverfahren oder jedenfalls eine für den Mandanten tatsächlich bzw. rechtlich möglichst schonende Anklageerhebung zu erreichen.

Nur eine aktive Verteidigung im Ermittlungsverfahren kann die Problematik einer durch Aktenkenntnis bedingten einseitigen – staatsanwaltsorientierten – Vorurteilsbildung beim Gericht abschwächen und der Gefahr begegnen, dass in einer späteren Hauptverhandlung wesentliche Entlastungsbeweise nicht mehr erhoben werden können, weil Zeugen nicht mehr ausfindig zu machen sind, sich Zeugen nicht mehr hinreichend erinnern oder sonstige Beweismittel nicht mehr zur Verfügung stehen.

Insbesondere auch außerstrafrechtliche Belange – wie die Gefährdung der beruflichen Existenz, der Fortbestand familiärer Strukturen und das Ansehen des Mandanten – gebieten alle Versuche, den Übergang in das gerichtliche Verfahren zu vermeiden.

Notruf rund um die Uhr